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20.09.2007
Für Rennzwecke ist die Leistung der alten Motorkonstruktion mit 16/19 kW durch 750 ccm selbst für einen Seitenventiler sehr mager. Aus diesem Grund habe ich mich der Ventilsteuerung gewidmet und Steuerzeiten und Ventilhub vermessen. Die Erkenntnis dabei ist, dass der Motor mehr als 30% zu wenig Luft bekommt und so natürlich immens an Leistung verliert. Ziel war nun zu mehr Füllungsgrad durch größere Überschneidung, Ventilöffnungswnkel und Ventilhub zu gelangen.
Grundsätzlich ist es so, dass ein Motor ein akustisches System bildet (vom Luftfilter bis zum Auspuffaustritt). Steuerzeiten für Motoren sind daher theoretisch immer nur ideal für einen gewissen Drehzahlbereich und Last, daher muss man Steuerzeiten berechnen, die ein gewisses breitbandiges Verhalten aufweisen. Bei Nockenwellen zu Rennzwecken sieht das etwas anders aus, hier engt sich der Bereich gewollt ein.
Wenn man ein bestimmtes Motorverhalten wünscht, gibt es festgelegte Werte, mit denen man dieses Verhalten näherungsweise berechnen kann. Motorhersteller fahren anhand dieser Daten dann schlussendlich aber Prüfläufe und optimieren weiter. Grundsätzlich macht man das Verhalten anhand der Motordaten (Hubraum, Kolbenhub, Pleuellänge, Ventildurchmesser usw.) und bei den Nockenwellen an drei Kenngrößen fest:
Für den SV sind diese Grundwerte und Richtlinien durch den zerklüfteten Brennraum, den verschiedensten Brennraumformen und Kanalführungen leider nur bedingt anwendbar und bedürfen in bestimmten Einzelbereichen einer Modifikation mit Erfahrungswerten.
Der Ventilhub bestimmt wieviel Gas bei maximaler Öffnung durch das Ventil strömen kann. Das ist natürlich zusätzlich auch von Ansaugwegen und anderen Dingen abhängig, jedoch betrachtet man hier nur das Ventil selbst. Der Ventildurchmesser ist zumeist abgestimmt auf den Durchmesser des Kanals. Für den Ventilhub gibt es einen Richtwert, über dem es keinen Sinn mehr macht das Ventil weiter zu öffnen. Dieser Richtwert ist 30%-33% des Ventildurchmessers (ich rechne mit 32%, habe ich von meinem alten Lehrmeister), denn dies ist der Näherungswert für den sich ergebenden Ringspalt dessen Fläche dann dem des Kanals entspricht. Ein Wert darüber macht keinen Sinn, da nicht mehr Gas hindurchströmen kann. Hier sieht man auch, dass es nicht so schlimm ist, wenn das (normalerweise kleinere) Auslassventil genausoweit geöffnet wird wie das Einlassventil. Bei zu großem Hub wird der Ventiltrieb proportional stärker belastet, da hier enorme Beschleunigungskräfte auftreten. Man hat daher bei großem Ventilhub etwas weniger Einfluss auf die Steuerzeiten, da die “Rampe” zur anfänglichen Beschleunigung des Ventils entsprechend flacher ausfallen muss. Das Ziel ist also ein ausreichender, aber nicht zu großer Ventilhub.
Die Überschneidung, Offnungs- & Schließzeitpunkt der Ventile ist bedingt aus der Masseträgheit der Gase. Die Gassäule besizt beim Strömen kinetische Energie, hinzu kommen noch akustische Effekte (Druckwellen). Diese nutzt man aus und lässt die Ventile noch eine Weile geöffnet, damit (am Beispiel des Einlass) das Gas weiterhin einströmen kann, obwohl der Kolben sich bereits in Aufwärtsbewegung befindet. Wählt man eine große Überschneidung, führt das dazu, dass in niedrigen Drehzahlen das Gas wieder zum Teil “zurückgedrückt” wird, oder gar (im Falle der Überschneidung) in den Auslasskanal gelangt. Bei hohen Drehzahlen wiederum erhöht es den Füllungsgrad. Daher haben Rennnockenwellen eine z.T. riesige Überschneidung womit jedoch in unteren Drehzahlen Leistung und auch Drehmoment drastisch einknicken. Bei OHV-Motoren die ein gutes elastisches (Drehmoment-) Verhalten haben sollen, wählt man daher einen geringere Überschneidung. Eine geringere Überschneidung führt aber auch zu einer höheren Ventiltemperatur, da bei einer größeren Überschneidung der Brennraum durch Frischgas gespült wird. Mit geringer Überschneidung dauerhaft höhere Drehzahlen zu fahren, kann das Ventil also thermisch überlasten. Der Richtwert für ein elastisches drehmomentorientiertes Verhalten sind 20-42°, in der Regel bei großen Hubräumen und Langhuber ca. 28-35°. Die Überschneidung kann man einfach berechnen, indem man die Winkel von Öffnung des Einlassventils und Schließen des Auslassventils addiert (die beiden kleinsten Zahlen in den Kenndaten einer Nockenwelle).
Hier sollte man für einen Drehmomentbetonten OHV-Quadrat-/Kurzhuber (z.B. Boxer) unter 40° und bei einem OHV-Langhuber (z.B. Harley) unter 34° bleiben. Bei Seitenventilern sieht es etwas anders aus, hier nähern sich die Werte denen von leistungs- und drehzahlorientierten Werten der OHV-Motoren. Für einen drehmomentbetonten SV sind das bis 60° und für einen Drehzahl- und leistungsorientierten SV bis 80°! Je geringer die Überschneidung ist, um so mehr muss übrigens der Anlasser bzw. das Bein ackern!
Wieviel Gas je Umdrehung in den Zylinder strömen kann ist nicht nur vom Ventilhub, sondern zugleich auch von den Öffnungszeiten abhängig. Man kann beide Parameter variieren, d.h. wenn man einen kleineren Ventilhub wählt (oder wählen muss) aber eine größere Öffnungszeit, erreicht man u.U. ein höheres Drehmoment als bei höherem Ventilhub und kleinerer Öffnungszeit. Der Grund ist, dass bei kleinerem Ventilhub der Querschnitt enger ist und die Gase dadurch schneller strömen (Ein Strömung durch einen kleineren Kanal erhöht die Strömungsgeschwindigkeit). Wenn die Gassäule bei geringer Drehzahl schneller strömt, ist der “Aufladungseffekt” durch die Masseträgheit etwas höher, jedoch verliert man dann im oberen Drehzahlbereich Leistung. Bei Langhubern wählt man hier jedoch durch den langgezogenen Zylinder einen größeren (den optimalen) Ventilhub. Je größer man die Öffnungszeit macht, um so steiler muss leider auch die Rampe sein die das Ventil/den Stößel anhebt. Wenn der Ventilhub zu groß ist, treten hier dann enorme Kräfte auf, die bis zur Zerstörung von Ventiltriebkomponenten führt. Man muss also auch hier ein ausgewogenes Maß finden, damit die Rampe die Massen sanft anfänglich beschleunigen kann.
Die Öffnungszeiten haben großen Einfluss auf die Kühlung der Ventile, aber auch auf Strömungsverluste, was wiederum die dynamische Kompression beeinflusst. Die statische Kompression ist das rechnerische Verdichtunsgverhältnis aus Hubraum und Kompressionsraum, die dynamische Kompression wiederum ist die bereinigte “reale” Kmpression, da physikalisch bedingte Verluste durch die Steuerzeiten auftreten. Die herausgerechneten Verluste resultieren dann in der dynamischen Kompression. Diese sollte beim OHV maximal bei ca. 9-9.5 und beim SV 7.5-8.5 liegen (wenn zu hoch, neigt der Motor zum klingeln). Die Formel zur Berechnung der dynamischen Kompression benötigt die Pleuellänge, da je nach Länge des Pleuels der Kolben verschieden hoch im Zylinder bei Winkel x steht.
Die Messung ist abhängig davon wie weit das Ventil angehoben sein muss, damit es als “offen” bzw. “gechlossen” interpretiert wird. Dies ist Herstellerabhängig! Beim Russenboxer sind das 0,1 mm, bei Harley-Motoren 0,01“ (0,254 mm).
Der Ventiltellerdurchmesser beträgt 38 mm. Legt man hier die genannten 32% des Ventildurchmessers als Ventilhub an, käme man auf ca. 12 mm. Leider bietet die Ventiltriebkonstruktion technisch bedingt kein ausreichenden Spielraum für diese Änderung. Die Grenze liegt bei 8 mm Hub! Mehr Ventilhub als 8mm wird den Ventiltrieb auch zu stark belasten und es ist zu wenig Freiraum im Deckel, sowie in der Stößelführung vorhanden. Bei dieser Änderung sind jedoch keine neuen Federn notwendig. Aufgrund des größeren Ventilhubes und der dadurch geringfügig höheren Federspannung im Ventil-OT, wird die Maschine drehzahlfester - d.h. im oberen Drehzahlbereich beim SV von 4900 bis 5100 1/min ist die Steuerung exakter und daraus ergibt sich logischerweise auch eine Verbesserung. Kanäle und Deckel müssen ebenfalls noch strömungsgünstig nachbearbeitet werden.
Angestrebt waren 22 kW ohne die Verdichtung zu erhöhen. Mit erhöhter Verdichtung (K750-Zylinderdeckel statt der, der M72/CJ750) kommen wir sicher an die 24-26 kw heran und überlasten dann auch nicht die Kurbelwelle.
Die Nockenwelle mit dem von mir gewünschten Nockenprofil und Nockenhub ist fertig geschliffen, gerichtet und die Lagerstellen sind poliert. Die Nockenwelle weist nun einen Ventilhub von knapp 8 mm auf, welcher damit um 1mm größer ist als der der originalen K750-Nockenwelle und mehr als 2 mm größer als die M72/BMW-Nockenwelle. Da es keine einfache Möglichkeit zur Verstellung der Steuerzeiten gibt, sind diese symmetrisch verblieben, jedoch sind Überschneidung und Öffnungswinkel vergrößert. Das neue Nockenprofil ist auf Dampf und Kraft ab mittlerem Drehzahlbereich ausgelegt, sowie ordentliche Reserven im oberen Bereich.
(habe bereits das neue Lager montiert und die Befestigung für meinen Hallgeber)
Kosten für das Schleifen beliefen sich auf ca. 100,- € inklusive Richten, Härten, Lagerstellen polieren, Versand und Steuern.
Generell gilt:
Durch das Umschleifen ergibt sich eine Racing-Nockenwelle. Wodurch im unteren Drehzahlbereich Drehmoment verloren geht. Ab 2500 1/min ist ein enormer Leistungszuwachs zu verzeichnen.
Solltet ihr ausgeschlackerte Ventilführungen haben oder alte Stößel/Lager verwenden wollen, kann ich nur abraten. Prüft das bitte im Vorfeld und nehmt lieber nen Teil neu als irgendwas altes. Wenn man alle Hinweise beachtet, werden die Ventilgeräusche nicht lauter! Ich habe nach längeren Probefahrten alles nochmal zerlegt und geprüft: Alles im grünen Bereich!